Militärstadt Spandau – Parallelen zu Thun
Rückblick auf den Vortrag vom 21. Mai 2014
Die Gemeinsamkeiten zwischen Berlin-Spandau und Thun sind gross – als Rüstungsstandorte. Dies wurde im Vortrag des Vereins Schweizer Armeemuseum sehr deutlich.
Thun und Spandau bei Berlin: Diese Städte haben auf den ersten Blick wenig Gemeinsames. Aus der Sicht der Militärgeschichte sieht das hingegen anders aus. Eine Auflistung zeigt die Parallelen – es gibt kaum Städte, die in ihren jeweiligen Staaten (Königreich Preussen und Eidgenossenschaft) eine dichtere Konzentration an staatlichen militärischen Rüstungsbetrieben boten: Spandau stellte Gewehre her, Thun hat die Waffenfabrik (heute Ruag). Der Pulverfabrik Spandau kann die Pulvermühle Steffisburg und später die Pulverfabrik Wimmis gegenüber gestellt werden. Beide Städte hatten ein Feuerwerkerlabor und eine Geschoss- respektive Munitionsfabrik. Hier wie dort wurden Artilleriegeschütze (in Thun durch die K+W) hergestellt – und sie waren von 1806 respektive 1798 bis 1813 von französischen Truppen besetzt. Während in Thun aber noch Flugzeuge gebaut wurden, hatte Spandau als Einzigartigkeit eine Geschützgiesserei und eine militärische Konservenfabrik. Von den in Spandau hergestellten militärischen Produkten wurden zahlreiche Typen auch in der Schweiz erprobt – und lagern beispielsweise heute in der eidgenössischen Waffensammlung in Thun. Diese allgemein grosse «Verwandtschaft» stellte Henri Habegger, Vizepräsident des Vereins Schweizer Armeemuseum (VSAM), am Mittwoch einleitend an einem Vortragsabend vor.
Dieser Vergleich war eine interessante Ausgangslage für den Vortrag von Manfred P. Schulze beim VSAM. Er ist Museologe und pensionierte Kurator der Artilleriesammlung im Stadtgeschichtlichen Museum in der Zitadelle Spandau. Sein konzentrierter Abriss der Geschichte dieses Waffen- und Rüstungsplatzes faszinierte durch die Detailtreue und die genau nachvollziehbare Entwicklung der einstigen Festung: Aus einer kleinen Gewehrmanufaktur um 1700 wurde der wichtigste deutsche Rüstungsstandort im Ersten Weltkrieg. «Zeitweise wurde als Garnison zudem Material für 30’000 Mann gelagert und 250 Geschütze – gegen den logischen Gegner Frankreich – bereitgehalten.» Ende des Ersten Weltkrieges arbeiteten in den Militärbetrieben 70’000 Personen.
Spandau war auch die Keimzelle der bekannten Deutschen Industrienorm DIN, da im Feuerwerkerlabor eine Qualitätssicherung bereits seit langem bestand.
Während in Spandau Ende des Ersten Weltkrieges aufgrund der deutschen Kapitulation erst mal für etliche Jahre Schluss war mit der Rüstungsfabrikation, hat Thun auch heute noch eine wichtige Funktion mit seinen Rüstungsbetrieben.
Fotos: © Markus Hubacher, Spiez